Stress gehört zu den größten Belastungen unseres modernen Alltags – Beruf, Familie, soziale Medien, Leistungsdruck. Viele Menschen suchen daher nach schnellen und wirksamen Wegen, psychischen Stress zu reduzieren. Ein Ansatz, der in den letzten Jahren Aufmerksamkeit erhielt, ist das sogenannte Power-Posing: bewusste, kraftvolle und offene Körperhaltungen, um Selbstbewusstsein zu steigern und Stress zu mildern.
In diesem Artikel erfährst du
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was Power-Posing ist,
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wie Körperhaltung und Psyche wissenschaftlich zusammenhängen,
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was Studien zu Power-Posing wirklich belegen (und was nicht),
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wie du Power-Posing praktisch nutzen kannst, inklusive Tipps für Alltag & Arbeitsplatz.
Was ist Power-Posing?
Power-Posing bedeutet, dass man eine offene, expansive Körperhaltung einnimmt, etwa Arme weit weg vom Körper, aufrechtes Stehen, Brust raus, Schultern zurück. Ziel ist, über die Körperhaltung Einfluss auf das eigene Gefühl von Macht, Kontrolle und Selbstbewusstsein zu gewinnen.
Körperhaltung ↔ Psyche: die wissenschaftliche Basis
Embodiment und Rückkopplung
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Laut der GQ-Autorin Petra Mommert-Jauch gibt es eine wechselseitige Rückkopplung zwischen Körperhaltung und Stimmung: Stress, Angst oder Traurigkeit beeinflussen die Haltung (z. B. Schultern gesenkt), und umgekehrt kann eine „gekrümmte“ Haltung negative Gefühle verstärken. GQ Germany
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Die Verbindung von Körper und Psyche wird auch unter dem Begriff Embodiment erforscht: Gefühle und Gedanken sind nicht losgelöst vom Körper. Die Haltung, wie wir sitzen, stehen oder uns bewegen, beeinflusst das emotionale Erleben. UGB Gesundheitsberatung
Was sagen aktuelle Studien & Meta-Analysen?
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Eine große Übersichtsarbeit (Meta-Analyse) mit ≈ 130 Studien und etwa 10.000 Teilnehmenden kam zu dem Schluss, dass dominante und aufrechte Körperhaltungen positive Effekte auf Selbstwahrnehmung, Stimmung und Selbstwert haben. IdW Online
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Allerdings zeigen diese Studien keinen klaren Nachweis, dass Power-Posing physiologische Stressmarker (z. B. Hormonspiegel wie Cortisol oder Testosteron) zuverlässig verändert. Die Effekte sind stärker bei subjektiven Bewertungen (wie Selbstsicherheit) als bei objektiven Messgrößen. IdW Online+1
Praktische Wirkung von Power-Posing gegen Stress
Auch wenn die wissenschaftliche Evidenz in manchen Bereichen noch unsicher ist, sprechen viele Gründe dafür, Power-Posing zumindest als ergänzenden Ansatz auszuprobieren:
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Subjektives Stressempfinden senken: Durch das bewusste Einnehmen einer kraftvollen Haltung kann man sich selbst „in die Lage versetzen“, Stress besser zu bewältigen.
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Selbstvertrauen und Stimmung stärken: Offenere, aufrechte Posen korrelieren mit höherem Selbstwertgefühl und besserer Emotionalität.
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Schnelle Überbrückung in Stressmomenten: Vor Meetings, Telefonaten oder herausfordernden Gesprächen kann eine kurze Pose helfen, mentale Spannung zu reduzieren und Fokus zu gewinnen.
So nutzt du Power-Posing im Alltag
Hier sind konkrete Tipps, wie du Power-Posing praktisch einsetzen kannst:
Situation | Empfehlung für Power-Pose |
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Vor einem wichtigen Termin (Meeting, Webinar, Vortrag) | 1–2 Minuten aufrechtes Stehen, Arme locker geöffnet, Brust leicht angehoben, Blick nach vorne. |
Im Büro | Beim Sitzen: Rücken gerade, Schultern zurück, Füße fest auf dem Boden. Wenn möglich: kurze Stehpause, mit „Power-Pose“ z. B. Hände in die Hüften („Wonder Woman/Man Pose“). |
Unter Stress (z. B. Deadline) | Bewusst Schultern runter, Kiefer entspannt, tief atmen – Haltung so öffnen, wie wenn du dich sicher fühlst. |
Alltag & Gewohnheit | Täglich kleine Übungen: Morgens beim Aufstehen, im Spiegel: aufrechte Haltung, Lächeln, an guten Situationen erinnern. Eine kleine Erinnerung (z. B. Post-it, Handy-Alarm) kann helfen. |
Grenzen und kritische Aspekte
Power-Posing ist nicht das Allheilmittel gegen chronischen Stress oder tiefsitzende psychische Probleme. Hier sind wichtige Limitationen, auf die man achten sollte:
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Effekte sind oft kurzfristig und subjektiver Natur. Langfristige physiologische Messungen (Hormone, Herzfrequenz etc.) zeigen meist keine stabilen Veränderungen.
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Es existieren kulturelle Unterschiede: Was in einer Kultur als „dominant“ gilt, kann in einer anderen anders wahrgenommen werden. Diese werden in Studien oft nicht ausreichend berücksichtigt.
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Für Menschen mit sehr niedrigem Selbstwertgefühl oder starkem Stress kann allein eine Änderung der Körperhaltung nicht genügen, es braucht zusätzliche Unterstützung (z. B. Coaching, Therapie, Entspannungsübungen).
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Manche Studien haben methodische Schwächen, z. B. ohne geeignete Kontrollgruppen oder kleine Stichproben.
Fazit
Power-Posing kann kurzfristig helfen, Stressgefühle zu mildern, das Selbstwertgefühl zu steigern und mentaler Anspannung entgegenzuwirken, besonders in Momenten, in denen du bewusst eine Haltung wechseln kannst. Wichtig ist, realistische Erwartungen zu haben: Die Effekte sind überwiegend psychisch/subjektiv, nicht unbedingt physiologisch bestätigt. Um langfristig Stress zu reduzieren, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz: Körperhaltung + mentale Techniken (z. B. Achtsamkeit, Pausen) + gesunde Lebensführung.
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